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Sind Sie ein Genie? - Zweifellos.

Posted on 4. Juni 2007 by Julia Kissina
Über die Suprematisierung des Lebens, das „Schwarze Quadrat“ und sein Verhältnis zu Marc Chagall. Der Geist Kasimir Malevičs steht Rede und Antwort.

Ein Interview mit Kasimir Malevičs Geist

 

Am 6. März 2007 wurde auf der Ausstellung Dnevnik Chudožnika (Tagebuch des Künstlers) im Moskauer Museum Central’nyj Dom Chudožnika eine Pressekonferenz mit Kasimir Malevič abgehalten.
Mit dem großen russischen Künstler Kasimir Malevič sprachen Irina Valdron, Jurij Albert, Ekaterina Degot sowie Besucher der Ausstellung.

 

malevic 

Publikum: Geist von Kasimir Severinovič Malevič, komm zu uns. Geist, bist du unter uns?

Geist: Ja.

P.: Bist du der Geist von Malevič: Ja oder nein?

Geist: Nein.

P.: Bist du Russe?

Geist: Ja.

P.: Bist du vielleicht Nikolaj Punin?

Geist: Ja.

P.: Naja, eigentlich wollten wir Malevič sprechen. Könntest du ihn nicht zur Unterredung herbeirufen? Malevič, komm zu uns.

Kasimir Malevič: Ich bin hier.

P.: Warst du heute schon mal in unserer Runde?

M.: Ich wollte nicht.

P.: Aber du bist wirklich Malevič?

M.: Ja.

P.: Kasimir Severinovič, ich habe gelesen, dass du gegen Ende deines Lebens zahlreiche Gespräche mit Isaak Israilevič Brodskij geführt hast. Setzt ihr eure Unterhaltungen im Jenseits fort?

M.: Ja.

P.: Ich hab’ da mal eine persönliche Frage: Haben Sie ihr Verhältnis zu Evgenij Katsman, dem Mitbegründer der AChRR (Associacija chudožnikov revoljucionnoj Rossii), letzten Endes geklärt?

M.: Ja.

P.: Und ihr Verhältnis zu Marc Chagall? Haben Sie Ihren Streit beigelegt? Hat sich Ihr Verhältnis im Jenseits gebessert?

M.: Ja.

P.: Auch mit Tatlin hatten Sie irgendwelche Probleme. Grundsätzliche Differenzen. Haben Sie die überwunden?

M.: Nein.

P.: Kasimir Severinovič, unter Ihren suprematistischen Formen fehlt das Dreieck, das nur in den Kompositionen auftaucht. Sind einige Arbeiten vielleicht verloren gegangen?

M.: Ja.

P.: Sie lügen. Ihre Arbeiten haben Sie doch umdatiert. Lügen Sie?

M.: Ja.

P.: Kasimir Malevič, Ihr „Schwarzes Quadrat“ haben Sie im Herrgottswinkel ausgestellt, wie eine Ikone. Hängt das vielleicht damit zusammen, dass Ihnen die Idee zum Quadrat kam als Sie die verrußten Ikonen sahen, die durch den Lauf der Zeit geschwärzt wurden?

M.: Ja.

P.: Severinovič, Sie haben sich seinerzeit für die Entwicklung des Kinos interessiert, haben über das Kino geschrieben. Haben Sie auch Hollywood-Filme gesehen?

M.: Ja.

P.: Können Sie uns Ihren Lieblings-Hollywoodfilm nennen?

M.: Nein.

P.: Was meinen Sie, gab es in der Filmkunst eine Katastrophe?

M.: Nein.

P.: Sagen Sie, dass wir Sie hier mit Hilfe einer Untertasse beschwören, weckt das in Ihnen irgendwelche Erinnerungen an Ihr Agitprop-Porzellan?

M.: Natürlich.

P.: Kasimir Severinovič, missfällt Ihnen die Situation, in der sich die zeitgenössische, russische Kunst befindet?

M.: Sehr.

P.: Oleg Kulik hat gebeten Sie zu fragen, ob Ihnen die Ausstellung Verju („Ich glaube“) gefällt.

Malevič antwortet nicht.

P.: Sie wurden zur Symbolfigur antireligiöser Kunst, stimmt’s?

M.: Nein.

P.: Waren Sie ein religiöser Mensch?

M.: Nein.

P.: Kasimir Severinovič, ist Ihnen bekannt, dass das allerwichtigste Avantgarde-Projekt, nämlich die „Sowjetmacht“, gescheitert ist?

M.: Ja.

P.: Begrüßen Sie diese Tatsache?

M.: Ja.

P.: Es scheint, Sie haben sich ziemlich verändert.

M.: Ja.

P.: Kasimir Malevič, führen Sie Ihre Arbeit dort weiter, wo Sie sich jetzt aufhalten?

M.: Ja.

P.: Sie erarbeiten weiterhin neue Formen der Bildenden Kunst?

M.: Nein.

P.: Was meinen Sie: Hat sich der Suprematismus in der zeitgenössischen Kunst durchgesetzt?

M.: Ja.

P.: Sie haben eine Skizze für den Duftflakon Krasnaja Moskva („Schönes/Rotes Moskau“) entworfen und sind darüber hinaus für die Suprematisierung des Lebens eingetreten. Was meinen Sie, ist die Suprematisierung des Lebens zum Design geworden?

M.: Nein.

P.:Übrigens, vor nicht allzu langer Zeit haben wir uns mit Il’ja Efimovič Repin unterhalten. Halten Sie sich an dem selben Ort auf wie er?

M.: Ja.

P.: Sind Sie im Paradies?

M.: Nein.

P.: Das heißt also, Sie befinden sich im Museum, genau wie Repin.

M.: Ja.

P.: Und fanden Sie das gut, als Brener eine Dollarnote auf Ihr Bild im Amsterdamer Stedelijk-Museum gemalt hat?

Malevič schweigt.

P.:Kasimir Severinovič, sind Sie davon unterrichtet, dass Aleksander Brener eine Dollarnote auf Ihr Bild gemalt hat?

M.: Nein.

P.: Also, dann hören Sie: Brener hat eine Dollarnote auf Ihr Bild gemalt, hat es verschandelt. Heißen Sie dieses Werk von Brenner gut?

M.: Ja.

P.: Wollen Sie, dass er auf jedes Ihrer Bilder eine Dollarnote zeichnet? Würden Sie mit ihm in Zukunft zusammenarbeiten wollen?

M.: Nein.

P.: Es ist bekannt, dass Sie die Bilder, die Sie gegen Ende Ihres Lebens gemalt haben, rückdatiert haben. Bereuen Sie diese Schummelei?

M.: Nein.

P.: Hätten Sie es gern, wenn alle Toten in suprematistischen Särgen bestattet würden?

M.: Natürlich.

P.: Und nach wie vor wollen Sie, dass die ganze Welt suprematistisch wird?

M.: Selbstverständlich.

P.: Ihre späten Werke wirken auf den ersten Blick sehr figurativ. War das wirklich eine Weiterentwicklung des Suprematismus?

M.: Ja.

P.: Kasimir Severinovič, hier haben wir eine Postkarte mit der Reproduktion eines Bildes, das ein junger Belgrader Künstler gemalt hat. Dieses Bild, das sich mit dem Thema „Fußball“ auseinandersetzt, greift eines Ihrer Motive wieder auf. Er hat es 70 Jahre nach Ihrem Tod gemalt, als Sie bereits zu so einer Art „Klassiker“ geworden waren. Können Sie das Bild jetzt sehen?

M.: Ja.

P.: Gefällt es Ihnen?

M.: Nein.

P.: Das heißt, Sie lehnen jede Aneignung Ihrer Kunst grundsätzlich ab?

M.: Ja.

P.: Was meinen Sie: Haben Sie Nachfolger?

M.: Nein.

P.: Ärgert es Sie, dass Sie keine Nachfolger haben?

M.: Ja.

P.: Kasimir Severinovič, seien Sie ehrlich: Sind Sie ein Genie?

M.: Zweifellos.

P.: Meinen Sie, dass es in der zeitgenössischen russischen Kunst ein Genie gibt?

M.: Nein.

P.: Gibt es irgendwo ein Genie – im Westen, überhaupt, auf der ganzen Welt?

M.: Nein.

P.: Glauben Sie, dass die Kunst verfallen ist?

M.: Ich bin davon überzeugt.

P.: Also sind Sie ein Pessimist?

M.: Nein.

P.: Wollen Sie objektiv sein?

M.: Ja.

P.: Und was meinen Sie: Hat das russische Volk eine Zukunft?

M.: Nein.

P.: Hat überhaupt irgendein Volk auf der Welt eine Zukunft?

M.: Nein.

P.: Liegt es daran, dass es einst die Assyrer gab und es mit denen jetzt vorbei ist?

M.: Ja.

P.: Kasimir Severinovič, soll das heißen, das Ende der Welt ist nah?

M.: Ja.

P.: Aber es werden noch Menschen auf Erden leben?

M.: Ja, werden sie.

P.: Und ist auch das Ende der Kunst nah, möglicher Weise schon eingetreten?

M.: Selbstverständlich!

P.: Kasimir Severinovič, Ihnen ist schon bewusst, dass sie bereits 1935 gestorben sind?

M.: Ja.

P.: Und Sie wissen, dass Sie bis heute der allerwichtigste russische Künstler sind?

M.: Natürlich.

P.: Und gefällt Ihnen das Werk von Filonov?

M.: Ja.

P.: Und meinen Sie, dass in der zeitgenössischen Kultur, in der Politik, vor allem der Dadaismus seinen Niederschlag fand – im Gegensatz zum Suprematismus?

M.: Nein.

P.: Beginnt in der Kunst vielleicht eine neue Ära?

Malevič schweigt.

P.: Kasimir Severinovič, sind Sie noch unter uns?

Malevič schweigt.

P.: Kasimir Severinovič, vielen Dank, dass Sie sich für dieses Gespräch Zeit genommen haben. Machen Sie’s gut.

 

Aus dem Russischen von Tamina Kutscher

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Sind Sie ein Genie? - Zweifellos. - novinki
Redak­tion „novinki“

Hum­boldt-Uni­ver­sität zu Berlin
Sprach- und lite­ra­tur­wis­sen­schaft­liche Fakultät
Institut für Slawistik
Unter den Linden 6
10099 Berlin

Sind Sie ein Genie? – Zweifellos.

Ein Inter­view mit Kasimir Male­vičs Geist

 

Am 6. März 2007 wurde auf der Aus­stel­lung Dnevnik Chu­dož­nika (Tage­buch des Künst­lers) im Mos­kauer Museum Central’nyj Dom Chu­dož­nika eine Pres­se­kon­fe­renz mit Kasimir Malevič abgehalten.
Mit dem großen rus­si­schen Künstler Kasimir Malevič spra­chen Irina Valdron, Jurij Albert, Eka­te­rina Degot sowie Besu­cher der Ausstellung.

 

malevic

 

Publikum: Geist von Kasimir Seve­ri­novič Malevič, komm zu uns. Geist, bist du unter uns?

Geist: Ja.

P.: Bist du der Geist von Malevič: Ja oder nein?

Geist: Nein.

P.: Bist du Russe?

Geist: Ja.

P.: Bist du viel­leicht Nikolaj Punin?

Geist: Ja.

P.: Naja, eigent­lich wollten wir Malevič spre­chen. Könn­test du ihn nicht zur Unter­re­dung her­bei­rufen? Malevič, komm zu uns.

Kasimir Malevič: Ich bin hier.

P.: Warst du heute schon mal in unserer Runde?

M.: Ich wollte nicht.

P.: Aber du bist wirk­lich Malevič?

M.: Ja.

P.: Kasimir Seve­ri­novič, ich habe gelesen, dass du gegen Ende deines Lebens zahl­reiche Gespräche mit Isaak Israi­levič Brod­skij geführt hast. Setzt ihr eure Unter­hal­tungen im Jen­seits fort?

M.: Ja.

P.: Ich hab’ da mal eine per­sön­liche Frage: Haben Sie ihr Ver­hältnis zu Evgenij Katsman, dem Mit­be­gründer der AChRR (Asso­cia­cija chu­dož­nikov revol­ju­ci­onnoj Rossii), letzten Endes geklärt?

M.: Ja.

P.: Und ihr Ver­hältnis zu Marc Chagall? Haben Sie Ihren Streit bei­gelegt? Hat sich Ihr Ver­hältnis im Jen­seits gebessert?

M.: Ja.

P.: Auch mit Tatlin hatten Sie irgend­welche Pro­bleme. Grund­sätz­liche Dif­fe­renzen. Haben Sie die überwunden?

M.: Nein.

P.: Kasimir Seve­ri­novič, unter Ihren supre­ma­tis­ti­schen Formen fehlt das Dreieck, das nur in den Kom­po­si­tionen auf­taucht. Sind einige Arbeiten viel­leicht ver­loren gegangen?

M.: Ja.

P.: Sie lügen. Ihre Arbeiten haben Sie doch umda­tiert. Lügen Sie?

M.: Ja.

P.: Kasimir Malevič, Ihr „Schwarzes Qua­drat“ haben Sie im Herr­gotts­winkel aus­ge­stellt, wie eine Ikone. Hängt das viel­leicht damit zusammen, dass Ihnen die Idee zum Qua­drat kam als Sie die ver­rußten Ikonen sahen, die durch den Lauf der Zeit geschwärzt wurden?

M.: Ja.

P.: Seve­ri­novič, Sie haben sich sei­ner­zeit für die Ent­wick­lung des Kinos inter­es­siert, haben über das Kino geschrieben. Haben Sie auch Hol­ly­wood-Filme gesehen?

M.: Ja.

P.: Können Sie uns Ihren Lieb­lings-Hol­ly­wood­film nennen?

M.: Nein.

P.: Was meinen Sie, gab es in der Film­kunst eine Katastrophe?

M.: Nein.

P.: Sagen Sie, dass wir Sie hier mit Hilfe einer Unter­tasse beschwören, weckt das in Ihnen irgend­welche Erin­ne­rungen an Ihr Agitprop-Porzellan?

M.: Natürlich.

P.: Kasimir Seve­ri­novič, miss­fällt Ihnen die Situa­tion, in der sich die zeit­ge­nös­si­sche, rus­si­sche Kunst befindet?

M.: Sehr.

P.: Oleg Kulik hat gebeten Sie zu fragen, ob Ihnen die Aus­stel­lung Verju („Ich glaube“) gefällt.

Malevič ant­wortet nicht.

P.: Sie wurden zur Sym­bol­figur anti­re­li­giöser Kunst, stimmt’s?

M.: Nein.

P.: Waren Sie ein reli­giöser Mensch?

M.: Nein.

P.: Kasimir Seve­ri­novič, ist Ihnen bekannt, dass das aller­wich­tigste Avant­garde-Pro­jekt, näm­lich die „Sowjet­macht“, geschei­tert ist?

M.: Ja.

P.: Begrüßen Sie diese Tatsache?

M.: Ja.

P.: Es scheint, Sie haben sich ziem­lich verändert.

M.: Ja.

P.: Kasimir Malevič, führen Sie Ihre Arbeit dort weiter, wo Sie sich jetzt aufhalten?

M.: Ja.

P.: Sie erar­beiten wei­terhin neue Formen der Bil­denden Kunst?

M.: Nein.

P.: Was meinen Sie: Hat sich der Supre­ma­tismus in der zeit­ge­nös­si­schen Kunst durchgesetzt?

M.: Ja.

P.: Sie haben eine Skizze für den Duft­flakon Kras­naja Moskva („Schönes/Rotes Moskau“) ent­worfen und sind dar­über hinaus für die Supre­ma­ti­sie­rung des Lebens ein­ge­treten. Was meinen Sie, ist die Supre­ma­ti­sie­rung des Lebens zum Design geworden?

M.: Nein.

P.:Übri­gens, vor nicht allzu langer Zeit haben wir uns mit Il’ja Efi­movič Repin unter­halten. Halten Sie sich an dem selben Ort auf wie er?

M.: Ja.

P.: Sind Sie im Paradies?

M.: Nein.

P.: Das heißt also, Sie befinden sich im Museum, genau wie Repin.

M.: Ja.

P.: Und fanden Sie das gut, als Brener eine Dol­lar­note auf Ihr Bild im Ams­ter­damer Stede­lijk-Museum gemalt hat?

Malevič schweigt.

P.:Kasimir Seve­ri­novič, sind Sie davon unter­richtet, dass Alek­sander Brener eine Dol­lar­note auf Ihr Bild gemalt hat?

M.: Nein.

P.: Also, dann hören Sie: Brener hat eine Dol­lar­note auf Ihr Bild gemalt, hat es ver­schan­delt. Heißen Sie dieses Werk von Brenner gut?

M.: Ja.

P.: Wollen Sie, dass er auf jedes Ihrer Bilder eine Dol­lar­note zeichnet? Würden Sie mit ihm in Zukunft zusam­men­ar­beiten wollen?

M.: Nein.

P.: Es ist bekannt, dass Sie die Bilder, die Sie gegen Ende Ihres Lebens gemalt haben, rück­da­tiert haben. Bereuen Sie diese Schummelei?

M.: Nein.

P.: Hätten Sie es gern, wenn alle Toten in supre­ma­tis­ti­schen Särgen bestattet würden?

M.: Natürlich.

P.: Und nach wie vor wollen Sie, dass die ganze Welt supre­ma­tis­tisch wird?

M.: Selbstverständlich.

P.: Ihre späten Werke wirken auf den ersten Blick sehr figu­rativ. War das wirk­lich eine Wei­ter­ent­wick­lung des Suprematismus?

M.: Ja.

P.: Kasimir Seve­ri­novič, hier haben wir eine Post­karte mit der Repro­duk­tion eines Bildes, das ein junger Bel­grader Künstler gemalt hat. Dieses Bild, das sich mit dem Thema „Fuß­ball“ aus­ein­an­der­setzt, greift eines Ihrer Motive wieder auf. Er hat es 70 Jahre nach Ihrem Tod gemalt, als Sie bereits zu so einer Art „Klas­siker“ geworden waren. Können Sie das Bild jetzt sehen?

M.: Ja.

P.: Gefällt es Ihnen?

M.: Nein.

P.: Das heißt, Sie lehnen jede Aneig­nung Ihrer Kunst grund­sätz­lich ab?

M.: Ja.

P.: Was meinen Sie: Haben Sie Nachfolger?

M.: Nein.

P.: Ärgert es Sie, dass Sie keine Nach­folger haben?

M.: Ja.

P.: Kasimir Seve­ri­novič, seien Sie ehr­lich: Sind Sie ein Genie?

M.: Zweifellos.

P.: Meinen Sie, dass es in der zeit­ge­nös­si­schen rus­si­schen Kunst ein Genie gibt?

M.: Nein.

P.: Gibt es irgendwo ein Genie – im Westen, über­haupt, auf der ganzen Welt?

M.: Nein.

P.: Glauben Sie, dass die Kunst ver­fallen ist?

M.: Ich bin davon überzeugt.

P.: Also sind Sie ein Pessimist?

M.: Nein.

P.: Wollen Sie objektiv sein?

M.: Ja.

P.: Und was meinen Sie: Hat das rus­si­sche Volk eine Zukunft?

M.: Nein.

P.: Hat über­haupt irgendein Volk auf der Welt eine Zukunft?

M.: Nein.

P.: Liegt es daran, dass es einst die Assyrer gab und es mit denen jetzt vorbei ist?

M.: Ja.

P.: Kasimir Seve­ri­novič, soll das heißen, das Ende der Welt ist nah?

M.: Ja.

P.: Aber es werden noch Men­schen auf Erden leben?

M.: Ja, werden sie.

P.: Und ist auch das Ende der Kunst nah, mög­li­cher Weise schon eingetreten?

M.: Selbstverständlich!

P.: Kasimir Seve­ri­novič, Ihnen ist schon bewusst, dass sie bereits 1935 gestorben sind?

M.: Ja.

P.: Und Sie wissen, dass Sie bis heute der aller­wich­tigste rus­si­sche Künstler sind?

M.: Natürlich.

P.: Und gefällt Ihnen das Werk von Filonov?

M.: Ja.

P.: Und meinen Sie, dass in der zeit­ge­nös­si­schen Kultur, in der Politik, vor allem der Dada­ismus seinen Nie­der­schlag fand – im Gegen­satz zum Suprematismus?

M.: Nein.

P.: Beginnt in der Kunst viel­leicht eine neue Ära?

Malevič schweigt.

P.: Kasimir Seve­ri­novič, sind Sie noch unter uns?

Malevič schweigt.

P.: Kasimir Seve­ri­novič, vielen Dank, dass Sie sich für dieses Gespräch Zeit genommen haben. Machen Sie’s gut.

 

Aus dem Rus­si­schen von Tamina Kutscher

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