Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Lesen, was die Nachbarn schreiben“ liest Joanna Bator am Freitag, 1. Dezember 2023, um 19 Uhr im Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin aus ihrem neuen Roman „Bitternis“: eine Geschichte über die Sehnsucht nach Liebe und Freiheit, die in den Leben und Träumen von vier Generationen von Frauen heranreift.
Warum hat Bertha ein Verbrechen begangen? Wann hat Barbara gelernt, so gut mit einem Messer zu werfen? Warum hat Violetta die Büchse der Pandora geöffnet und was war darin versteckt? Wird Kalina die Wahrheit herausfinden? Die Geschichte der vier Frauen wird von Kalina erzählt, die fehlende Fragmente der Familiengeschichte in Wałbrzych, Unisław Śląski und Sokołowsko findet und zusammenfügt.
Während Kalina Serce, jüngster Spross einer Frauendynastie, mühsam die Erinnerung an ihre traumatisierte Familie rekonstruiert, sieht sie sich auch ihrem eigenen Liebesverlust gegenüber. Sie tastet nach dem Ebonit-Schalter aus der Vorkriegszeit, um Licht zu machen – eine Ankunft im Unvertrauten. „Bitternis“ erzählt von weiblichen Lebensentwürfen. Und wie sie scheitern. Im drängenden, sarkastischen, an Elfriede Jelinek erinnernden Ton entfaltet sich das Drama der zornigen Frauen, die ihr Geheimnis durch die Generationen weitergegeben haben. Krieg, Gewalt und privates Unglück haben die Angst und Bitternis hervorgebracht, aus deren Bannkreis erst die Jüngste, Kalina, heraustritt. Mit Macht fordert sie das Glück ein, das den Frauen ihrer Familie versagt war. Realismus und Magie von „Bitternis“ verleihen dieser fesselnden Saga einen einzigartigen Stil und verstörenden Charme, der lange nach dem Lesen im Gedächtnis bleibt. Joanna Bator beschreibt in „Bitternis“ eine Geschichte des Traumas, das aus der patriarchalen Kultur des polnischen Katholizismus stammt.
Moderation: Dorota Danielewicz
Joanna Bator, 1968 geboren in Wałbrzych, studierte Kulturwissenschaften und Philosophie in Breslau. Es folgten Auslandsaufenthalte in Bremen, Budapest und London. Nach ihrer Promotion im Jahr 1998 mit dem Thema „Feminismus, Postmodernismus, Psychoanalyse. Philosophische Dilemmata der Feministinnen der ,Zweiten Welle‘“ an der Polnischen Akademie der Wissenschaften forschte sie bis 2011 an verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen in New York, Warschau und in Japan. Seit der Übersetzung ihres Romans Sandberg ins Deutsche durch Esther Kinsky gilt Joanna Bator als eine der wichtigsten Stimmen der europäischen Literatur. Sie erhielt für Dunkel, fast Nacht (2012) den wichtigsten polnischen Literaturpreis NIKE. Heute lebt sie in Podkowa Leśna, einer kleinen Stadt in der Nähe von Warschau.
Aus dem Polnischen von Lisa Palmes
Gefördert durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Polnische Institut Berlin.
Veranstalter:
Deutsch-Polnische Gesellschaft Berlin e. V.
Humboldt-Universität zu Berlin
Polnisches Institut Berlin
Raum 2094