Ein Interview mit Jurij Andruchovyč
Der ukrainische Dichter, Prosaist, Essayist und Übersetzer Jurij Andruchovyč , geb. 1960, debütierte 1985 mit einem Gedichtband Nebo i plošči (Himmel und Plätze). In den 80er Jahren gründete er zusammen mit Viktor Neborak und Oleksandr Irvanec‘ in Lemberg die Dichtergruppe Bu-Ba-Bu (Burlesk-Balagan-Bufonada), die für ihre karnevalesken Happenings und Performances berühmt wurde; in den 90er Jahren schrieb er die Romane Rekreaciji (Rekreationen), 1992; Moskoviada, 1993 (dt. 2006) und Perverzija (Perversion), 1996. Von seinen Essays erschienen auf deutsch Das letzte Territorium (2003) und Mein Europa. Zwei Essays über das sogenannte Mitteleuropa (2004, zusammen mit dem polnischen Autor Andrzej Stasiuk, beide in der edition suhrkamp). 2005 erschien in deutscher Übersetzung sein jüngster Roman Zwölf Ringe (Dvanadcjat‘ obručiv, im Original 2003), eine geheimnisvolle Geschichte der tragischen Reise eines Österreichers in die ukrainischen Karpaten. Zugleich ist der Roman eine Auseinandersetzung mit dem ukrainischen Dichter Bohdan-Ihor Antonyč (1909-1937).
novinki: Du bist Mitbegründer und Redakteur einer literarischen Internet-Zeitschrift Potjah 76 (Zug 76), die verschiedene Autoren entlang eines Schienennetzes quer durch Mittelosteuropa miteinander verbindet. Der Zug fuhr – symbolisch – mit einigen deiner Schriftstellerkollegen aus der Ukraine gerade durch Deutschland. Was hat es mit Potjah 76 auf sich?
Jurij Andruchovyč: Der wirkliche Zug Nr. 76 fährt heute die Route Czernowitz (Ukraine) – Przemyśl (Polen). Die Idee kam 2001 von meinem Freund und Literaturkritiker aus Czernowitz, Oleksandr Bojčenko. Zunächst wollten wir nur einen Almanach mit Autoren vorbereiten, die zwischen Czernowitz und Przemyśl leben. Diese Idee wurde dann von mir auf das ganze Mittelosteuropa erweitert. Das Projekt ist eine Variante der Geopoetik, die politischen Beschränkungen und Teilungen mit poetischen Mitteln zu überwinden. Heute erscheint die Zeitschrift im Internet unter www.potyah76.org.ua.
n: Die Zugmetapher, das damit verbundene Reisen, scheint sich jedoch nicht nur auf das Projekt Potyah 76 zu beziehen. Auch in deinen essayistischen und literarischen Texten verwendest du häufig topographische Begriffe und Verfahren; der Begriff Geopoetik, den du gerade erwähnt hast, ist nur ein Beispiel, andere Formulierungen sind „fiktive Landeskunde“ oder noch etwas spezieller „Karpathologie“. Was verbirgt sich dahinter?
A: Die Formulierung „fiktive Landeskunde“ verwende ich im Essay Carpathologia Cosmophilica. Aber natürlich kann man einiges, was ich geschrieben habe, vor allem meine Essayistik, als fiktive Landeskunde bezeichnen. Das ist gewissermaßen meine persönliche Schreibweise, meine Methode. Für mich ist der Essay vor allem eine postmoderne Gattung. Nach der Erschöpfung der Literatur, also nicht die Weltliteratur, sondern der Literatur an sich im Roman und in der Poesie, bin ich zu einer total unverantwortlichen Gattung gekommen, dem Essay. Alles in der Essayistik ist quasi ernsthaft und wissenschaftlich, aber grundsätzlich fiktiv. Alles ist nur ein Spiel des Autors, seine tiefstpersönliche Interpretation, auch die wissenschaftlichen Tatsachen. Wenn wir also die Geographie als Wissenschaft betrachten, dann kann man z.B. sagen, dass es zwischen Punkt A und Punkt B noch einen Berg oder 25 km Abstand gibt. Das wäre eine reine Information, aber im Essay kann man damit immer wieder experimentieren. Mir gefällt diese Möglichkeit, so etwas wie eine fiktive Landeskunde zu schaffen. Als ich Carpathologia Cosmophilica schrieb, bin ich noch nie auf dem dort beschriebenen Gipfel, dem Pip Ivan, in den Karpaten gewesen. Die Beschreibung ist allein meine Vision. Den Text schrieb ich Anfang 1996. Auf dem Pip Ivan war ich erst 1998, also zwei Jahre später.
n: Sind fiktive Landeskunde und Geopoetik dasselbe? Oder spielt Geopoetik eher ironisch auf Geopolitik an?
A: Also, als Wort ist das nicht meine Erfindung. Zum ersten mal habe ich Geopoetik in Moskau von einem Freund gehört. Ich kam 1998 nach Moskau und bekam eine Einladung von einem geopoetischen Klub.
n: Vom Krymskij Klub?
A: Ja genau, vom Krymskij Klub, in dem verschiedene Veranstaltungen unter dem Stichwort Geopoetik stattfinden. Die Idee des Klubs bzw. die Idee Igor Sids ist es, Autoren aus unterschiedlichen Gegenden nach Moskau einzuladen. Man versucht, die Verbindungen zwischen der Kreativität und dem geographischen Ort herauszufinden. Das ist auch ein Thema von Andrej Bitov: der Mensch und seine Landschaft, der Mensch in seiner Landschaft. Was bedeutet es z.B. ein russischsprachiger Autor in Usbekistan zu sein oder umgekehrt? Das waren die Themen des Krymskij Klub. Gedacht war der Klub auch als eine kulturelle Plattform für die ukrainisch-russische Zusammenarbeit. Die Krim ist ein spannungsreiches Gebiet, die russische Seite erhebt noch immer territoriale Ansprüche. Igor Sids Idee war es, dieses Thema mit einer starken Ästhetisierung zu entpolitisieren – das war seine Reaktion auf das Wort Geopolitik.
n: Verwendest du den Begriff Geopoetik im selben Sinn?
A: Bei mir ist das Wort wiederum viel stärker politisiert. Bei mir ist die Geopoetik ein Pendant zur Geopolitik. Geopoetik als eine Widerstandsform gegen die Politik. In unserem Fall, im Fall der Orangenen Revolution in der Ukraine war es ein Sieg der Geopoetik über die Geopolitik. Geopolitisch war alles hundertprozentig klar, alle Prognosen haben dasselbe gezeigt: In der Ukraine sollte der Moskauer Kandidat gewinnen – die Ukraine gehört geopolitisch zum postsowjetischen Raum, also in die Zone russischer Interessen, sie sollte vom Westen abgetrennt werden. Die ganze staatliche Maschine, alle Medienbereiche arbeiteten für den Moskauer Kandidaten. Wir, die Orangenen, hatten nichts außer der Ästhetik, außer der Möglichkeit, mit dieser Farbe etwas zu schaffen. Die ganze Euphorie auf dem Majdan, diese Unmenge von Farben, Sound, Musik, Tanz, Beleuchtung war für mich vor allem eine ästhetische Erscheinung. Die Politiker, ich meine auch die orangenen Politiker, glauben nach wie vor, dass es sich um eine politische Erscheinung gehandelt habe. Aber die haben die Situation nicht richtig verstanden. Deshalb stehen sie heute mit der Bevölkerung in Konflikt. Sie haben zwar gewonnen, aber sie verstehen den Sieg als politischen Sieg, dabei hat die Geopoetik gewonnen.
n: Geopoetik als ästhetischer Widerstand?
A: Mehr noch als nur Widerstand: Modus Vivendi, Lebensgefühl, Weltanschauungssystem. Im konkreten Fall der Ukraine im Jahre 2004 bedeutete die Geopoetik auch eine Chance für den Idealismus gegen den Zynismus der Geopolitik. In der kurzfristigen Perspektive einer Revolution ist der Idealismus immer stärker.
n: In deinen Texten ist nicht nur die Rede von Geopoetik im allgemeinen, sondern von Zentraleuropa, Mitteleuropa, Mittelosteuropa und einer spezifischen, dort anzutreffenden Ästhetik. Nimmst du damit eine Diskussion auf, die schon Milan Kundera, György Konrád, Czesław Miłosz oder Danilo Kiš in den 70er und 80er Jahren in der Emigration führten? Kundera hatte damals gesagt, dass Mitteleuropa „geographisch im Zentrum, kulturell im Westen und politisch im Osten“ liege. Kiš spricht in seinen Mitteleuropäischen Variationen (Varijacije na srednjoevropske teme) von einer „zentripetalen und einer zentrifugalen“ Kulturtheorie, nach der Wien entweder der Ausgangspunkt allen kulturellen Geschehens im mitteleuropäischen Raum war, oder der Abstoßungspunkt, wobei sich das trotz und gegen Wien nach 1945 in ein trotz und gegen Moskau verwandelt habe.
A: Ich glaube, dass es in der heutigen Debatte um Mitteleuropa im Unterschied zu damals um etwas anderes geht, der ganze Kontext ist ein anderer. Was war das für eine Idee von Kundera oder Konrad? Vor allem eine für den damaligen Ostblock, also die Länder, die von Moskau abhängig waren: Sie wollten zeigen, dass es doch mehr Europäisches dort gibt, als es sich die Westler hätten vorstellen können. Bei Kundera war das eine Liebesgeschichte im Dreieck: Mittel- und Osteuropa zwischen Russland und dem Westen. Und ein Appell an die westliche Seite: Wir wollen mit euch und nicht mit Russland in diesem Dreieck sein. Heute ist es natürlich anders, da Mittelosteuropa schon seit der politischen Wende Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre in diesem ‚normalen’ Europa angekommen ist. Und mit der EU-Erweiterung stellt sich die Frage, ob es Mittelosteuropa überhaupt noch gibt. Wenn ja, dann als eine Art Zwischenraum, in dem man in verschiedene Richtungen gehen kann. So ist das z.B. in Andrzej Stasiuks Wahrnehmung ein Teil der Welt, in dem die westliche Zivilisation noch nicht richtig herrscht. Sein Mittelosteuropa ist eher antiwestlich in dem Sinne, dass er diese zivilisatorische Rückständigkeit als einen großen Vorteil betrachtet. Das ist eine Chance für ihn, seine persönliche Chance, dass so etwas noch möglich ist, ein anderes Europa irgendwo im Donaudelta.
n: Siehst Du das auch so?
A: Dieser Raum ist für mich unglaublich wichtig und ich habe für jene Orte viel Sentiment: Die Zerstörung, die armen Dörfer, Busse, die nur einmal in der Woche fahren… Aber andererseits bin ich mehr ‚prowestlich‘ als Andrzej Stasiuk. Er ist prinzipiell dafür, dass sich in diesem Teil der Welt nichts ändert. Für mich ist die Änderung – die ‚Verwestlichung’ – eher eine positive Sache, insbesondere für die Ukraine. Wahrscheinlich sind wir, Stasiuk und ich, doch zwei verschiedene Fälle. Ich bin davon überzeugt, dass sich Mittelosteuropa bewegt. Man kann die Grenzen nicht ein für allemal setzen und sie bewegen sich momentan ostwärts. Mit der EU kommt der Westen immer weiter östlich mit seinen Standards, so dass auch Mittelosteuropa einen weiteren Ort für sich finden muss. Das ukrainische Territorium ist mehr oder weniger frei für diese Prozesse. Als ‚schlafendes’ Territorium gibt es noch Weißrussland, und vielleicht noch Moldawien. Aber generell ist es aus meiner Sicht immer noch e i n Territorium – von Estland im Norden bis Albanien im Süden, auch wenn das ganz unterschiedliche Länder sind; trotzdem aber doch e i n e Realität, eine mittelosteuropäische Realität. In Estland zwar immer weniger, doch in Albanien …– es ist wahrscheinlich das, was Andrzej an Albanien so beeindruckt.
n: Welche Rolle spielt bei der Geopoetik die Archäologie, die Ausgrabung der Reste und Spuren verschwundener, pluraler Kulturen? Der Habsburger-Monarchie beispielsweise, die in vielen Literaturen – nicht ohne Nostalgie – als ein Raum kultureller Heterogenität tradiert wird. In der polnischen Literatur ist dies noch bei Andrzej Stasiuk zu finden.
A: Dies wäre aber zu eng, nur nach den Spuren der Habsburger Monarchie zu suchen, außerdem liegt Österreich heute bestimmt nicht in Mittelosteuropa. Ich würde eher von einer posttotalitären Wirklichkeit und einer postkommunistischen Erfahrung sprechen. Das ist etwas, was heute noch vereinigt. So gehört das ehemalige DDR-Territorium zu dieser Wirklichkeit, aber nicht Österreich. Grundsätzlich meine ich, dass das überhaupt keine Wirklichkeit ist, sondern eine Welt, die nur literarisch existiert.
n: Wenn es sich dabei vor allem um einen literarischen Parallelraum zum realen Raum handelt, würdest du sagen, dass es eine mittel- oder mittelosteuropäische Ästhetik gibt?
A: Ja, das würde ich sagen. Ich kann es mit einem Bild beschreiben: Wo sich in einer Gegend landschaftliche Ruinen mit McDonalds kreuzen, dort entsteht diese Ästhetik. Dies ist vor allem im Film und in der Literatur sichtbar. Bei den jugoslawischen, tschechischen, polnischen Filmemachern finden wir dieselbe Ästhetik der komischen Einflüsse globalisierender westlicher Invasion in diese Welten. Aber es handelt sich nicht nur um die Bilder, sondern auch um eine Idee. Es ist etwas, was unter dem Druck vom Totalitarismus nicht zur Sprache kommen und erst nach der politischen Wende sich entwickeln konnte: Eine kreative Freiheit, schwindelerregend, ein Taumel mit so vielen Möglichkeiten, die sich erst neulich eröffneten.
n: Wir haben dich als literarischen Geographieforscher befragt, aber du bist auch Literaturforscher. Du hast über den ukrainischen Dichter Bohdan-Ihor-Antonyč promoviert und er spielt auch in deinem neuesten Roman Zwölf Ringe eine wichtige Rolle.
A: Ich wollte nie eine wissenschaftliche Karriere machen, ich bin Schriftsteller und kein Theoretiker. Antonyč war meine erste poetische Liebe. In meiner Doktorarbeit verwendete ich eine Art fiktive Methodologie. Ich untersuchte die Poesie Antonyčs im breiten Kontext der westlichen Moderne, mit ihren Anfängen im französischen Symbolismus bei Baudelaire und Rimbaud und weiteren Erscheinungen in Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien und England. Antonyč schuf in der Zwischenkriegszeit in der ukrainischen Sprache etwas, was meiner Meinung nach gänzlich in der Konvention des westlichen Modernismus lag. Insgesamt eine etwas dubiose Untersuchung (lacht). Eigentlich habe ich darüber viel mehr in meinem Roman gesagt. Für mich wäre jetzt wichtig, einige Gedichte von Antonyč linear ins Deutsche zu übersetzen und dann einen deutschen Lyriker zu finden, der damit weiter arbeiten könnte.
n: Solomija Pavlyčko macht in ihrer Monographie Diskurs modernizmu v ukrajins’kij literatury von 1999, einer Pionierarbeit über die ukrainische literarische Moderne, einen großen Bogen um Lemberg und berücksichtigt Antonyč überhaupt nicht. Wie lässt sich das erklären?
A: Darüber kann ich nur spekulieren. Das war ja der Anfang der Forschung zu diesem Thema. Die Hauptidee ihres Buches ist das Scheitern: Die Geschichte des ukrainischen Modernismus ist für sie immer die Geschichte der Niederlage. Man kann vermuten, dass Antonyč in dieses Muster nicht so gut passte.
n: Antonyč ist eine bedeutende Figur für die ukrainische Lyrik in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, er war aber in der sowjetischen Ukraine kaum präsent.
A: Ja, mit Antonyč verhielt es sich aus verschiedenen politischen Gründen schon immer kompliziert. Er war nie ein sowjetischer Staatsbürger. Geboren 1909 in der Habsburger-Monarchie, lebte er bis zu seinem Tod 1937 in Polen. Zu stalinistischen Zeiten gab es keine Chance, ihn in der Ukraine zu verlegen, erst nach 1956, nach dem sogenannten Tauwetter. So kam 1967 – nach verschiedenen Publikationen in Periodika – ein Band mit fast allen Gedichten Antonyčs heraus. In den 70er Jahren, nach einer neuen Welle politischer Prozesse gegen Intellektuelle und Künstler, wurde er aber aus allen Bibliotheken entfernt. Die kulturschaffende Jugend hat Antonyč in den 60ern für sich entdeckt. Und es waren dieselben Dichter, die auf einem der Friedhöfe in Lemberg sein zerstörtes Grab anhand der Friedhofsbücher wiedergefunden haben. Für meine Generation, die sogenannten 80er, war Antonyč eine sehr wichtige Figur.
n: Heute ist die Stellung Antonyčs in der ukrainischen Literatur unantastbar, es wird also durchaus auch eine ‚kanonische’ Biographie für ihn geschaffen. In deinem Roman Zwölf Ringe schwebt Antonyč als Geist über den Karpaten, seine Gedichte fließen in die Rede der Helden ein, und darüber hinaus erfindest du für ihn eine ‚alternative’ Biographie. War deine fiktive Biographie Antonyčs in Zwölf Ringe als ein Gegenentwurf zur offiziellen Kanonisierung gedacht?
A: Nein, das war eher eine Provokation auf gesellschaftlicher Ebene. Antonyč ist eine rein literarische Erscheinung und keine politische Figur. Außer in der Poesie, denn er wählte ganz bewusst die ukrainische Sprache für seine Dichtung, obwohl sie für ihn eine Art Fremdsprache war. Als geborener Lemke konnte er ursprünglich nur Dialekt sprechen. Die polnische Sprache beherrschte er besser. Von Anfang an aber schrieb er auf Ukrainisch und zwar nicht in der galizischen Variante, sondern in der ukrainischen Literatursprache. An seinen Manuskripten habe ich bemerkt, dass er Probleme mit der Betonung hatte. Die Lemken, wie die Polen, betonen immer die vorletzte Silbe; im Ukrainischen ist die Betonung beweglich. Er musste beim Schreiben die Betonung im Wörterbuch überprüfen und trug – wie ein Schüler – die Betonungszeichen über die Wörter ein. Das Ukrainische war eine Herausforderung für ihn, es ist auch bei ihm nicht immer korrekt und fehlerfrei. Wenn wir aber über die ukrainische literarische Sprache sprechen, dann ist sie übrigens häufig unkorrekt.
n: Deine literarische Biographie Antonyčs als Lemberger Bohemien wurde in der Ukraine aber kontrovers aufgenommen.
A: Dabei ging es um primitive Dinge wie: Trank er Alkohol oder nicht, besuchte er Bordelle oder nicht? Für mich war es eine Art Ironie und ein literarisches Spiel. Ich habe nichts an seinen Texten geändert, die ich in meinem Roman zitiere. Ich habe nur versucht, über sein alltägliches Leben mit Hilfe seiner Gedichte zu schreiben. So als ob er diese Gedichte in der Realität gelebt hätte. Ich dachte, das sei ganz klar. Aber die Leute haben es bis heute nicht verstanden und denken, dass ich auf Kosten Antonyčs Karriere mache – als Provokateur, der den armen Antonyč dafür benutzt. Wie eine Buchhändlerin, die sich weigerte, meinen Roman zu verkaufen, sagte: „Eine Schweinerei. Der Andruchovyč ist wahrscheinlich ein talentierter Schriftsteller, aber man darf das nicht. Ein solch wichtiger Autor wie Antonyč, eine fast heilige Figur…“
Übrigens, es gab einmal in Lemberg in den 80ern eine spiritistische Séance mit Antonyčs Geist, kurz nachdem mein erster Gedichtband erschienen war. Ich war nicht dabei. Mein Freund fragte damals den Geist Antonyčs, ob er meine Gedichte möge und die Antwort war: nein.
http://www.potyah76.org.ua/potyah/.
http://poetry.uazone.net/andrukhovych/.
Небо і площі (1985) (Himmel und Plätze)
Середмістя (1989) (Downtown)
Екзотичні птахи і рослини (1991), (Exotische Pflanzen und Vögel);
Екзотичні птахи і рослини з додатком “Індія” (1997), (Exotische Pflanzen und Vögel mit dem Anhang Indien)
Рекреації (1992) (Rekreationen)
Московіада (1993) (Moskoviade, dt. 2006)
Perwersija (Перверзія, 1996)
Дванадцять обручів (2003) (Zwölf Ringe, dt: 2005)
Моя Європа: Два есеї про найдивнішу частину світу, 2004) (Mein Europa, Essays mit Andrzej Stasiuk, Sofia Onufriev, Martin Polack)
Дезорієнтація на місцевості: Спроби (2003) (dt. Auszüge daraus in: Das letzte Territorium, Essays mit Andrzej Stasiuk, Sofia Onufriev, Martin Polack)